Verteidigen wir die Errungenschaften der Frauenkämpferinnen

(Referat, gehalten anlässlich der Medienkonferenz zum Start der Kampagne «Ja zum Verhüllungsverbot» am 14. Januar 2021 in Bern; es gilt das gesprochene Wort)

Im Jahr 2016 trafen in der nordsyrischen Stadt Manbij endlich die von den USA unterstützten Kräfte ein, um die verbliebenen Menschen von der Tyrannei des Islamischen Staates zu befreien. Rasch machten in den sozialen Netzwerken Videos die Runde, die zeigten, wie auf den Strassen muslimische Frauen demonstrativ ihre Burkas und Niqabs verbrannten und Männer ihre Bärte abrasierten.

Die mutigen Frauen von Manbij haben mit dem Verbrennen ihrer Niqabs nicht nur ein Symbol zerstört, unter welchem sie die letzten Jahre zu leben gezwungen waren, sondern sie haben damit auch die Behauptung westlicher Liberaler und Feministinnen widerlegt, Muslimas würden sich freiwillig einen hässlichen Sack überstülpen (lassen). Warum sollten gewisse Musliminnen wie ein anonymes Gespenst rumlaufen wollen, während der ganze Rest ihrer Geschlechtsgenossinnen für ihre Weiblichkeit die Kreditkarten für schicke Klamotten, Friseurbesuch und Schönheitspflege zum Glühen bringt?

Nicht nur etliche europäische Staaten um uns herum haben die pechschwarzen Leichentücher kurzerhand verboten, manche muslimische Länder haben sie explizit mit der Begründung verbannt, damit dem extremen Islam die Stirn zu bieten. Tatsächlich wurden überall dort, wo die Fundamentalisten die Macht ergriffen, die Frauen zur Unkenntlichkeit entstellt – in Afghanistan durch die Taliban oder in Saudi-Arabien oder im Jemen. Die Vollverschleierung wird so zur Standarte des politischen Fanatismus.

Niqab und Burka sind politische Instrumente, die sowohl eine gewollte Abgrenzung wenig gemässigter Muslime von den europäischen Gesellschaften wie auch die bei ihnen gelebte Minderwertigkeit der Frauen symbolisieren. Ganzkörperschleier mit Augengitter rauben den weiblichen Menschen jegliche Individualität und behindern sie aufs Schwerste in ihrer Bewegungsfreiheit. Sie sind zutiefst menschenverachtend, ein Schlag ins Gesicht jedes Menschen – auch für Männer, denen sie ja unterstellen, sie würden sich auf jede Frau, von der sie auch nur ein Haar oder ein Stück Haut erblicken, wie ein Tier stürzen.

Sie führen die Errungenschaften aus der Aufklärung, aber auch das von den Frauenbewegungen Erreichte ad absurdum und verhöhnen alle Werte, die sich die westliche Zivilisation in den letzten Jahrhunderten erkämpft hat. Völlig irritierend ist die Behauptung, wenn wir die Burka in der Schweiz verbieten würden, würden die Frauen zuhause eingesperrt. Das steht sogar in der Botschaft des Bundesrates; Offizielle Stellen bestätigen, dass in der Schweiz Frauen in Ehen leben müssen und nur bis zur Unkenntlichkeit entstellt das Haus verlassen dürfen, weil es der Patriarch so will.

Unsere Vorfahrinnen in der Schweiz haben die Gleichberechtigung mühsam erstritten. Heute schauen Gleichstellungsbüros, Feministinnen und Multikulti-Bewegte bei heiklen Minderheiten betreten weg. Es ist halt bequemer, verächtlich den «alten, weissen Männern» strukturelle Frauenfeindlichkeit zu unterstellen und die Schweizer Männer für weitaus harmlosere Dinge anzuprangern. Und ganz spöttisch und herablassend wird auf die Initianten geblickt: Ausgerechnet die politische Rechte sorge sich um die Frauenrechte, wird da gemäkelt.

«Frauenrechte sind den Initianten egal, das zeigt ihr politischer Werdegang», ist der Homepage der Sozialdemokraten zu entnehmen. Nein, da macht es sich die Linke viel zu einfach, Frauenrechte sind niemandem egal. Nur, weil sie sich nicht um Gendersternchen, Unisextoiletten und Frauenquoten für gutbezahlte Posten kümmern, ist es den Initianten nicht gleichgültig, wenn Frauen auf unserem Staatsgebiet derart «gehalten» werden.

Betroffene Frauen sind ja nicht einfach bloss verschleiert, dahinter steckt mehr; sie werden kontrolliert, unterdrückt, gefangen gehalten. Hier von persönlicher Freiheit zu reden, ist etwas zynisch. Diese Frauen verfügen in der Regel nicht über ein eigenes Einkommen und nicht über die Position, sich tatsächlich durchsetzen zu können. Frauen- und Menschenrechtsorganisationen schweigen dazu betreten. Wie hilflos die offizielle Schweiz dem Problem gegenübersteht, offenbart sich in einem Nebensatz der bundesrätlichen Botschaft: «Es ist ferner nicht auszuschliessen, dass die Initiative negative Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt hat und dazu führt, dass bestimmte Frauen gänzlich vom öffentlichen Raum ausgeschlossen werden.» Das ist ein Armutszeugnis für unsere Zuwanderungspolitik.

Gegenvorschlag für die Galerie

Allein aus föderalistischen Gründen entschied der Bundesrat, die Volksinitiative abzulehnen und reagierte mit einem indirekten Gegenvorschlag. Dieser definiert zum einen, dass im Kontakt mit den Behörden das Gesicht enthüllt werden muss und stellt zum andern die Nötigung zur Gesichtsverhüllung unter Strafe, indem ein Straftatbestand klarstellt, dass sich auch strafbar macht, wer eine Person dazu zwingt, ihr Gesicht im öffentlichen oder im privaten Bereich zu verhüllen.

Dieser Gegenvorschlag verlangt zwei Dinge, die heute schon Geltung beanspruchen, beinhaltet hingegen nichts, was der Volksinitiative den Wind aus den Segeln genommen hätte, was bei einem indirekten Gegenvorschlag eigentlich das Ziel hätte sein müssen. Bereits heute muss sich eine verhüllte Burkaträgerin von den Beamten und den Behörden identifizieren lassen, sei es im Zug, im Bus, beim Check-in am Flughafen oder insbesondere bei den verschiedenen staatlichen Stellen und Ämtern. Und eine Frau zu zwingen, nur noch unter der Burka die Migros zu betreten, ist heute schon strafbar.

Der Staat sollte in solchen Fällen mit dem Entzug der Aufenthaltsbewilligung reagieren und nicht mit mehr Regulierung und mehr Beratungsstellen. Und eine bedingte Geld- oder Freiheitsstrafe, wie sie unser windelweiches Strafrecht kennt, imponiert nun tatsächlich keinem burkanötigenden Patriarchen.

Barbara Steinemann, Nationalrätin ZH, Mitglied des Initiativkomitees